Veranstaltung: | Wahlprogramm zur Kommunalwahl am 13.09.2020 |
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Antragsteller*in: | BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im Rhein-Kreis Neuss (dort beschlossen am: 21.03.2020) |
Status: | Eingereicht |
Verfahrensvorschlag: | Übernahme |
Eingereicht: | 21.04.2020, 12:50 |
Antragshistorie: | Version 1 |
A3NEU: Kapitel Umwelt, Klima, Energie und Planung
Text
UMWELT, KLIMA, ENERGIE und PLANUNG
Wir wissen, dass unsere natürliche Umwelt zunehmend gefährdet ist. Darum treten
wir GRÜNE für den bestmöglichen Schutz von Gewässern, Luft und Böden und eine
intakte und artenreichen Natur im Rhein-Kreis Neuss ein. Die jahrzehntelange
fossile Energieerzeugung einerseits und der Rohstoffabbau andererseits haben
unübersehbare Spuren in Landschaft und Umwelt hinterlassen. Deswegen hat der
Rhein-Kreis Neuss auch eine große Verpflichtung, endlich mit aktivem Klimaschutz
anzufangen. Wir sind die erste Generation, die die Folgen der Klimakrise zu
spüren bekommt, und die letzte, die sie noch eindämmen kann.
Klimaschutz ernst nehmen - Energiewende vorantreiben
Auch im Rhein-Kreis Neuss sind bereits heute die Folgen des Klimawandels
deutlich zu spüren. Klimaschutz muss mit höchster Priorität ernst genommen
werden und die Energiewende auch und gerade mit dem Ziel eines raschen Endes der
Kohleverstromung ambitioniert bei uns vorangetrieben werden. Die Folgen des
Klimawandels müssen für Menschen und Umwelt weitest möglich abgemildert werden.
Wir GRÜNE wollen:
- dass die Kreisverwaltung und alle zum Kreis gehörenden Einrichtungen und
Unternehmen in ihrem Handeln bis 2030 klimaneutral werden. Zukünftig muss
der Rhein-Kreis Neuss deshalb weit mehr des benötigten Stroms und des
Wärme- bzw. Kühlbedarfs durch erneuerbare Energien selbst produzieren und
unmittelbar selbst nutzen.
- dass alle geeigneten kreiseigenen Gebäude – Verwaltungsgebäude, Bildungs-
und Sozialeinrichtungen ebenso wie Parkhäuser – zur Solarstrom und wo
sinnvoll auch für die Solarwärme- und Solarkühle-Erzeugung eingesetzt
werden. Zukünftig muss begründet werden, warum ein Standort ausnahmsweise
nicht geeignet ist.
- dass sich der Rhein-Kreis Neuss nachdrücklich dafür einsetzt, Wasserstoff-
Modellregion zu werden.
- dass die Windkraft- und Solarpotentiale im Kreisgebiet konsequent
ausgenutzt werden und die so gewonnene Energie auch gespeichert werden.
- dass der Rhein-Kreis Neuss Standort für Stromspeicher wird und Initiativen
ergreift, bereits bekannte Techniken zur vorübergehenden Speicherung von
zu viel erzeugter erneuerbarer Energie auch im Rhein-Kreis Neuss
anzuwenden. Hier bietet sich an, die überschüssige Energie in Gas zu
speichern (power-to-gas) oder für die Wärmeproduktion mittels Elektroden-
Kesseln zu nutzen (power-to-heat).
- dass der Energieverbrauch sukzessive gesenkt wird und in allen
kreiseigenen Gebäuden energiesparende Systeme wie LED-Beleuchtungssysteme
und verbrauchsarme Geräte mit dem höchsten Effizienzgrad eingesetzt
werden.
- dass Strombedarfe, die nicht durch die Eigenproduktion gedeckt werden
können, zukünftig konsequent und ausschließlich auf der Basis erneuerbarer
Energien gedeckt und entsprechend ausgeschrieben werden.
Gewässer konsequent schützen
Unsere heimischen Gewässer sind nicht nur der Lebensraum für zahlreiche Pflanzen
und Tiere, sondern sind – ob als Oberflächengewässer oder Grundwasser – zudem
Quellen für unser Trinkwasser. Auch im Rhein-Kreis Neuss ist das Trinkwasser aus
öffentlichen Leitungen das am besten geprüfte und preiswerteste Lebensmittel.
Damit das so bleibt, müssen Grundwasser und die Oberflächengewässer dem
Verursacherprinzip folgend deutlich besser vor Gefährdungen durch Verschwendung,
durch Medikamenten- und Plastikrückstände, durch Düngemittel und Pestizide,
durch Rohstoffabbau und Klimafolgen in unserem Kreis geschützt werden. Unser
Kreis muss zur Reduktion der Nitratbelastung eine Vorreiterrolle übernehmen. Zur
deutlichen Verringerung von Schwebstoffen wie Mikroplastik und
Medikamentenrückständen bedarf es zukünftig ebenso weitreichender Initiativen
des Rhein-Kreises Neuss, wie sich der Kreis optimal auf zunehmende Starkregen-
Ereignisse und Dürrephasen vorbereiten muss.
Wir GRÜNE wollen:
- ein Grauwasser-Konzept in den kreiseigenen Gebäuden umsetzen, das
vorgeklärtes Brauch- und Regenwasser einer erneuten Nutzung für die
Abwassertechnik und Bewässerung von Außenanlagen zuführt.
- dass die Kreisumweltbehörde verstärkt und konsequent die Gülleausbringung
und die Gülleimporte kontrolliert, wo dies aufgrund spezieller
Verbotsregelungen möglich ist.
- im Rahmen eines breit angelegten Modellprojektes Abwässer auch direkt an
Einleitungsquellen wie Krankenhäusern weitgehend vorklären und so eine
verursachergerechte Alternative zur flächendeckenden 4. Reinigungsstufe an
Kläranlagen im Rhein-Kreis Neuss etablieren. Der Erfolg des
Modellprojektes soll über begleitende Kampagnen etwa zur Medikamenten-
Entsorgung sichergestellt werden.
- dass der gute ökologische Zustand sowie die Durchgängigkeit heimischer
Fließgewässer im Sinne der Europäischen Wasserrahmen-Richtlinie
gewährleistet werden.
- dass versiegelte Flächen des Kreises grundsätzlich für die Versickerung
nachgerüstet und Dachflächen grundsätzlich begrünt und mit entsprechenden
Wasserspeichern versehen werden. Dies dient zudem auch der Kühlung der
Gebäude in Hitzezeiten und verstärkt die Stromausbeute der
Solarstromanlagen. Ausnahmen von diesem Grundsatz sind im Einzelfall zu
begründen.
Artenvielfalt bewahren – Tiere und Pflanzen schützen
Die Vielfalt an Tieren und Pflanzen im Rhein-Kreis Neuss muss wieder deutlich
erhöht werden. Dafür muss der Kreis die Koordination beim Artenschutz im
Kreisgebiet übernehmen. Wir dürfen uns nicht auf kleinteilige Maßnahmen wie
Blühstreifen und blühende Straßenränder beschränken.
Wir GRÜNE wollen:
- dass zusätzliche Flächen erworben werden, um insektenfreundliche
Landschaftsbrücken im Umfeld intensiv landwirtschaftlich genutzter Flächen
zu schaffen.
- dass weitere Naturschutz- und Landschaftsschutzgebiete im Kreisgebiet
geschaffen werden. Dabei ist insbesondere die Einrichtung eines
Naturschutzgebietes “Königshovener Höhe“ in Grevenbroich für uns
prioritär.
- dass im Rahmen der Gesamtkonzeption auch die Bildungseinrichtungen im
Kreisgebiet einbezogen werden.
- dass der Rhein-Kreis Neuss dem “Bündnis für pestizidfreie Kommunen“ des
Bundes für Umwelt und Naturschutz (BUND) beitritt, um so glaubwürdig auf
kreiseigenen Flächen eine Vorbildfunktion für einen Verzicht auf Pestizide
und Glyphosat zu übernehmen.
Kulturlandschaft zurückgewinnen – Flächenfraß stoppen
Insbesondere der Kohleabbau und die Kiesgewinnung haben in den letzten
Jahrzehnten tiefe Spuren in unserer Kulturlandschaft hinterlassen und der Natur
schweren Schaden zugefügt. Als GRÜNE wollen wir den immensen Flächenfraß der
Vergangenheit stoppen und die Waldmehrung beschleunigen. Dadurch kann die
Kulturlandschaft ihr ursprüngliches Gesicht zumindest teilweise zurückgewinnen.
Wir GRÜNE wollen:
- für den Kauf zusätzlicher Flächen mit dem Ziel diese naturnah zu
entwickeln und mehr Wald anzupflanzen mehr Haushaltsmittel zur Verfügung
stellen.
- dass die Waldqualität zukünftig durch klimaangepasste Mischkulturen
verbessert und gefällte Bäume durch Anpflanzungen (mindestens 1 zu 1)
ausgeglichen werden. Rodungen sind zu begründen und transparent zu machen.
- dass der Rhein-Kreis Neuss eine Initiative zum Stopp des Flächenfraßes
startet, die Altflächennutzung und Flächenverdichtung an die Stelle immer
weiterer Neuausweisungen in den Flächennutzungsplänen stellt.
- dass der Kreis den Niederrhein-Appell unterstützt und sich im Rahmen
anstehender Regionalplanänderungen für den Stopp des weiteren Kiesabbaus
im Kreisgebiet stark macht.
- dass sich der Rhein-Kreis Neuss gegen den Straßenbau in Landschafts- und
Naturschutzgebieten einsetzt. Dies gilt ausdrücklich auch für die Planung
der L 361n durch die Erftaue.
Abfälle vermeiden – in Kreisläufen wirtschaften
Heutige Abfälle sind die Rohstoffe von morgen. Als GRÜNE setzen wir uns daher
schon seit langem dafür ein, den Rhein-Kreis Neuss zu einer führenden Region der
Kreislaufwirtschaft zu machen.
Wir GRÜNE wollen:
- dass im Kreisgebiet unterschiedliche neue Recycling-Zentren eingerichtet
und Tauschbörsen etabliert werden und der Kreis die Einrichtung von
Reparaturinitiativen unterstützt.
- dass die Kreisverwaltung als Beitrag zur Abfallvermeidung auch selbst
ihren Papierverbrauch deutlich reduziert und die Beschaffung von
Büromaterialien an den Grundsätzen der Nachhaltigkeit und des fairen
Handels ausrichtet.
- dass in den Einrichtungen des Kreises und bei Veranstaltungen des Kreises
zukünftig konsequent auf Einweggeschirr verzichtet wird.