Veranstaltung: | Wahlprogramm zur Kommunalwahl am 13.09.2020 |
---|---|
Antragsteller*in: | BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im Rhein-Kreis Neuss (dort beschlossen am: 21.03.2020) |
Status: | Eingereicht |
Verfahrensvorschlag: | Übernahme |
Eingereicht: | 21.04.2020, 12:54 |
Antragshistorie: | Version 1 |
A4NEU: Kapitel Wirtschaft, Finanzen, Personal und Digitalisierung
Text
WIRTSCHAFT, FINANZEN, PERSONAL, DIGITALISIERUNG UND
MOBILITÄT
Wirtschaftsförderung ökologisch und nachhaltig ausrichten
Der Rhein-Kreis Neuss ist mit seiner Wirtschaftsstruktur ein bedeutender
Wirtschaftsstandort mit industriellem Kern in NRW. Wir wollen, dass dies so
bleibt. Deshalb wollen wir nach dem Ende der Kohleverstromung den anstehenden
Strukturwandel nachhaltig so gestalten, dass auch unsere Kinder eine gute
Lebensperspektive im heutigen Revier haben und ausreichend Ausbildungs- und
Arbeitsplätze vorfinden. Darum müssen insbesondere im südlichen Rhein-Kreis
Neuss neue und nachhaltige gewerbliche und industrielle Markenkerne entstehen.
Wir GRÜNE respektieren dabei die Sorgen und Ängste der Bürger*innen, die der
auch durch den Braunkohleausstieg bedingte Strukturwandel mit sich bringt.
Mitarbeiter*innen, mittelbar und unmittelbar von der Energiewirtschaft abhängig,
sorgen sich um ihren Arbeitsplatz. Ihre gute Ausbildung und ihre besonderen
Qualifikationen bilden jedoch eine gute Grundlage für eine schnelle
Wiedereingliederung, die durch gezielte und geförderte Qualifizierungsangebote
unterstützt werden muss.
Wir benötigen eine innovative Wirtschaftspolitik. Es gilt, Umwelt- und
Klimaschutzanforderungen nicht als Hindernis, sondern als Chance dafür zu
begreifen, dass Geschäftsmodelle langfristig nachhaltig aufgestellt werden, um
neue Märkte zu erschließen. So werden Wertschöpfung und Arbeitsplätze vor Ort
geschaffen und gesichert.
Daneben erleben wir im Rahmen des globalisierten und zunehmend digitalisierten
Wirtschaftssystems einen allgemeinen Strukturwandel, der auch vor den Toren des
Rhein-Kreises Neuss nicht Halt macht.
Beide Aspekte des Strukturwandels bringen jedoch für die oft innovativen
kleineren und mittleren Unternehmen auch Chancen, die wir GRÜNEN nutzen wollen,
um eine umweltfreundliche und nachhaltige Wirtschaft zu fördern. Diese Art zu
wirtschaften setzt nicht nur auf Wachstum, sondern hat genauso den Erhalt der
Umwelt im Blick. Daher wollen wir nicht nur grüne und innovative Technologien
fördern, sondern auch Industrie- und Gewerbegebiete stärker nachhaltig
entwickeln. Dazu gehören insbesondere nachhaltige Verkehrswege und vor allem ein
Ausbau der Schieneninfrastruktur.
Hierfür muss auch die Wirtschaftsförderung des Kreises neu ausgerichtet werden.
Hauptaufgabe einer modernen Wirtschaftsförderung ist hierbei, die Kommunen bei
ihren Anstrengungen zu unterstützen.
Denn Wirtschaftsförderung ist mehr als nur neue Gewerbegebiete auszuweisen und
Umweltstandards abzubauen.
Wir GRÜNE wollen:
- die Finanzmittel für den Strukturwandel so einsetzen, dass der Kreis
klimaneutral transformiert wird.
- die Zivilgesellschaft, die kreisangehörigen Kommunen und regionale
Expert*innen bei der inhaltlichen Konzeptionierung dieses
Transformationsprozesses über verschiedene Beteiligungsformen
gleichberechtigt einbeziehen.
- aufgrund der hohen Rückbauquote ein Recycling-Zentrum im Gewerbepark
Grevenbroich-Frimmersdorf errichten
- ein aufgrund der vorhandenen Schieneninfrastruktur abgestimmtes
Güterverkehrskonzept mit einem Entwicklungs- und Produktionsstandort für
alternative Bahnantriebe und Container-Trägersysteme.
- die Einrichtung einer entsprechenden Zukunfts-Kommission.
- die Kreis-Wirtschaftsförderung ökologisch und mehr auf die Bedürfnisse von
Handwerk und Mittelstand ausrichten. Dazu gehört eine verstärkte
Unterstützung von kleinen und mittleren Unternehmen bei innovativen
Projekten und Digitalisierungsvorhaben. Unternehmen und Start-Ups beim
Aufbau neuer, zukunftsfähiger Arbeitsplätze unterstützen
- eine eigene öffentliche technische Hochschule im Kreis ansiedeln und die
Kontakte zu naheliegenden Hochschulen und Forschungseinrichtungen stärken
- die Qualifizierungspotenziale der Unternehmen, durch den Ausbau der
Zusammenarbeit mit den Berufskollegs und Hochschulen unterstützen.
Haushalt und Finanzen nachhaltig und ökologisch gestalten
Stabile und planbare Haushalte sind die Grundlage für kommunales Handeln. Dies
gilt insbesondere für die Kreise, die über so gut wie keine eigene
Einnahmequellen verfügen. Die Finanzierung erfolgt deshalb nahezu vollständig
durch die kreisangehörigen Städte und Gemeinden. Diese müssen eine Kreisumlage
abführen. Die Höhe dieser Umlage wird vom Kreis festgesetzt, unabhängig davon,
ob die Kommunen diese Umlage bezahlen wollen und können. Deshalb ist ein
partnerschaftlicher Umgang zwischen Kreis und Kommunen besonders wichtig. Hier
erwarten wir vom zukünftigen Landrat, seiner Vorbildfunktion gerecht zu werden.
Aber auch Bund und Land sind in der Verantwortung, unsere Kommunen finanziell
angemessen auszustatten und sie bei ihren Pflichtaufgaben verstärkt zu
unterstützen und zu entlasten.
Wir GRÜNE wollen:
- die Kreisumlage moderat halten, um die Kommunen zu entlasten.
Sparpotenziale sollten vornehmlich im eigenen Kreishaushalt gesucht und
genutzt werden, ebenso wie die stärkere Inanspruchnahme von Landes-,
Bundes- und EU-Förderprogrammen.
- Planungssicherheit für die Kommunen. Haushalte wollen wir transparent und
jährlich aufstellen sowie spätestens im Dezember des Vorjahres
beschließen.
- eine konsequente, an Nachhaltigkeit und Klimaschutz orientierte
IWrtschaftspolitik (Divestmentstrategie) umsetzen. Hierzu gehört
insbesondere ein Verkauf der noch im indirekten Kreiseigentum befindlichen
RWE-Aktien.
- Die Aufsichtsgremien in den Beteiligungen den Rhein-Kreis Neuss stärken.
Insbesondere gilt dies bei der Aufstellung des Haushaltsplans sowie bei
der Bestellung und Abberufung von Geschäftsführungen.
Personal und Verwaltung fit für die Zukunft machen
Um zusätzliche Fördermittel einwerben zu können und Genehmigungsverfahren besser
bündeln zu können, wollen wir zusätzliche Personalkapazitäten zur Verfügung
stellen.
In vielen Fällen ist eine interkommunale Zusammenarbeit sinnvoll und
effizienzsteigernd. Gerade für kleinere Kommunen bietet diese Form der
Zusammenarbeit ein großes Synergiepotenzial. Wir wollen diesen Weg künftig
verstärkt gehen und bestehende Kooperationen ausbauen.
Wir GRÜNE wollen:
- Mit aktiver Personalentwicklung und Nachwuchsförderung die Kreisverwaltung
fit für die Aufgaben der Zukunft machen.
- Frauen aktiv fördern. Hierzu wollen wir den Anteil der Frauen in
Führungspositionen erhöhen.
- dass die Verwaltung einen Organisationsplan bis zur dritten Ebene
veröffentlicht, wie es in anderen Verwaltungen und Ministerien üblich ist.
Digitalisierung konsequent voranbringen
Die Digitalisierung und der Breitbandausbau im Kreis stecken in den
Kinderschuhen, obwohl im Zeitalter des Internets diese unabdingbar sind. Wir
GRÜNE wollen mit konkreten Maßnahmen zur Verbesserung der Situation beitragen,
um so Bürger*innen und Unternehmen mit in die Zukunft zu nehmen.
Wichtig ist uns hierbei insbesondere der flächendeckende Breitbandausbau. Zudem
unterstützen wir offene und kostenfreie WLANs/Freifunk. Wir wollen kein Zwei-
Klassen-Internet. Die Netzneutralität, also die gleiche Behandlung aller
Nutzer*innen und aller Inhalte, ist zentral für eine nutzungs- und
innovationsfreundliche Netzpolitik.
Die Bürger*innen erwarten zu Recht eine transparente, proaktive und
barrierefreie Verwaltung auf Augenhöhe. Um Transparenz zu garantieren,
Beteiligung zu ermöglichen und die Legitimität politischer Entscheidungen zu
erhöhen, wollen wir E-Government-Angebote weiter ausbauen und etablieren. Das
sogenannten „Once-Only-Prinzip“ (einmal anmelden, Daten weitergeben, Datenschutz
beachten), innovativer Datenschutz und beste IT-Sicherheit sind längst wichtige
Standortfaktoren in Deutschland und Europa.
Denn von einer modernen, digitalen und barrierefreien Verwaltung profitieren
alle: Sowohl die Bürger*innen als auch die Verwaltungsmitarbeiter*innen. Denn
wenn Dienstleistungen online angeboten werden, können diese bequem von Zuhause
aus erledigt werden und stundenlange Behördengänge eingespart werden. Durch
papierlose Gremien- und Verwaltungsarbeit können Ressourcen und Steuergelder
eingespart und die Umwelt entlastet werden.
Diesem Anspruch kann die Kreisverwaltung aber bislang, wenn überhaupt, nur
ansatzweise gerecht werden. Dies wollen wir ändern.
Wir GRÜNE wollen:
- den flächendeckenden Ausbau der Breitbandtechnologie im gesamten Kreis
vorantreiben und dabei offene und kostenfreie WLAN- bzw. Freifunkangebote
unterstützen.
- die digitale Verwaltung im Rhein-Kreis konsequent vorantreiben.
- die Möglichkeiten nutzen, die sich aus E-Gouvernement und E-Partizipation
eröffnen.
- die kreisweite Digitalisierungsstrategie weiterentwickeln.
Sparkassen nachhaltig und sozial ausrichten
Sparkassen haben den öffentlichen Auftrag, dem Gesamtwohl zu dienen. Sie sollen
sich mit ihrer unternehmerischen Haltung, ihren Produkten und gesellschaftlichen
Initiativen in vielschichtiger Weise für nachhaltigen Wohlstand vor Ort
engagieren und eine produktive Rolle bei der Lösung komplexer Zukunftsaufgaben
übernehmen.
Die Sparkassenpolitik im Rhein-Kreis Neuss muss an den Bedürfnissen der
Bürger*innen, der kleinen und mittleren Unternehmen in der Region sowie an den
Kommunen ausgerichtet sein.
Gleichzeitig steht die Sparkassenlandschaft momentan vor gewaltigen
Herausforderungen:
Das anhaltende Niedrig- bzw. Negativzinsumfeld wirkt sich negativ auf die
Ertragslage aus und rüttelt mitunter genauso an den Grundfesten des
Geschäftsmodells, wie die Veränderungsprozesse, die durch die zunehmende
Digitalisierung der Finanzdienstleistungen ausgelöst werden.
Um nicht den Anschluss zu verlieren, muss auch die Sparkasse Neuss ihre Prozesse
und Strukturen neu denken.
Wir GRÜNE wollen:
- dass sozialverträgliche Kontoführungsgebühren auch zukünftig gesichert
werden.
- dass Beratungs- und Unterstützungsangebote, die zum Standard einer
Sparkassenfiliale gehören, auch zukünftig leicht erreichbar bleiben.
- dass Nachhaltigkeitskonzepte weiterentwickelt und verstärkt nachhaltige
und ökologische Finanzprodukte angeboten werden.
- dass die im Rahmen des Strukturwandels umweltfreundliche und nachhaltige
Transformation der Wirtschaft unterstützt wird.
- dass soziale Projekte gezielter gefördert werden und die Mittelvergabe
transparenter erfolgt.
- dass eine Fusion mit angrenzenden Sparkassen ergebnisoffen geprüft wird.